GOOD TO HEAR: Pia Kuusisto, Havila Voyages
„Einer muss der Pionier sein – und das sind wir gerne.“
Die norwegische Reederei Havila Voyages ist seit 2021 mit LNG- und batteriebetriebenen Schiffen auf der legendären Postschiffroute zwischen Bergen und Kirkenes unterwegs. CC-VIP-Autorin Susanne Freitag hat auf einer dieser Reisen Deutschland-Chefin Pia Kuusisto getroffen und mit ihr über Nachhaltigkeit, den Luxus von Ruhe und außergewöhnliche Konzepte gesprochen.
Welche Philosophie liegt Havila Voyages zugrunde?
Der Grundgedanke hat sehr viel mit Nachhaltigkeit zu tun. Wir wollen Norwegen so behalten, wie es jetzt ist, mit sauberer Natur, die wir schützen. Wir sind ein Familienunternehmen von der Küste, unser Gründer Per Sævik wohnt an der Küste und ist dort aufgewachsen. Er möchte die Natur für die zukünftigen Generationen bewahren.
Was ist das Besondere an den Schiffen?
Da gibt es mehrere Dinge. Natürlich die Nachhaltigkeit: Unsere Schiffe sind derzeit die nachhaltigsten auf dieser Route. Das heißt, sie fahren mit LNG und Batterien. Zurzeit können sie bis zu vier Stunden mit Batterien, also emissionsfrei, fahren, zum Beispiel in den Geiranger und den Hjørundfjord Fjord. Unsere vier Schiffe sind neu und baugleich. Das macht es einfacher sowohl für die Reisebüros, die sie verkaufen, als auch für die Gäste. Die Reise ist ziemlich einfach zu buchen, weil man die Kabinenkategorien kennt. Die Kabinen sind sehr geräumig mit Annehmlichkeiten wie Wasserkocher, Haartrockner und – laut unseren Gästen – bequemen Betten. Auch wenn ein Schiff mit 250 bis 300 Passagieren ausgebucht ist, merkt man das als Gast nicht. Es ist überall sehr geräumig und wir haben viele Fensterfronten, die einen freien Blick in die Natur bieten. So ist es auch in den Kabinen.
Außergewöhnlich ist auch das Essenskonzept?
Auf jeden Fall! Im November haben wir einen Wave Award als „Best Cuisine“ dafür bekommen. Die Gäste speisen á la carte. Das ist natürlich bequem, denn sie müssen nicht am Buffet anstehen und verpassen nichts, was draußen vor sich geht. Das ist schon luxuriös. Der positive Nebeneffekt ist, dass Lebensmittelabfälle dadurch auf ein Minimum reduziert werden. Es gibt Slots für Frühstück, Mittag- und Abendessen. Am ersten Abend wählt man diese aus und danach hat man keine Wartezeiten.
Wie viele Passagiere reisen mit Havila – und wie viele davon kommen aus Deutschland?
2024 haben wir rund 330.000 Passagierkreuzfahrten durchgeführt, etwa 31 Prozent unserer Gäste kamen aus Deutschland, gefolgt von jenen aus UK und den USA. Die meisten unserer Gäste – circa 70 Prozent – machen die gesamte elftägige Rundreise von Bergen nach Kirkenes und zurück.
Welche Klientel ist das?
Man denkt ja, Postschiffe seien etwas für ältere Leute. Zum heutigen Zeitpunkt liegt das Durchschnittsalter der Gäste an Bord im Jahr 2024 bei etwas über 52 Jahren. Dies ist viel niedriger als das historische Durchschnittsalter, das bei über 60 Jahren lag. Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel viele junge Frauen aus Asien, die allein gereist sind. Es kommen immer wieder junge Leute und Familien, und wir haben sowohl Individualreisende als auch Gruppen an Bord.
Ab welcher Reisedauer ist die Buchung einer Kabine obligatorisch?
Bei einer Reise von Hafen zu Hafen können die Passagiere eine Nacht in einem Liegestuhl in der Port-to-Port-Lounge verbringen. Danach ist eine Kabine Pflicht.
Welche Route ist die beliebteste?
Die Nordroute, wegen der Fjorde und der guten Fluganbindung von Bergen. Aber wenn man alles sehen möchte, muss man die Rundreise machen, auch wenn wir auf der Südroute dieselben 34 Häfen anfahren wie auf der Nordroute. Wir legen zu unterschiedlichen Uhrzeiten dort an. Das heißt, wenn man die Lofoten tagsüber sehen möchte, sollte man von Norden nach Süden fahren, und wenn man die Fjorde sehen möchte, von Süden nach Norden. Ab der Sommersaison fliegt Finnair übrigens dreimal pro Woche von Helsinki über Ivalo nach Kirkenes.
Was macht den Luxus auf einer Reise mit Havila aus?
Ich denke, Luxus ist auch die Zeit, die man sich nimmt, und die Freiheit, Zeit zu haben. Auch Ruhe ist Luxus. Auf unseren Schiffen hat man das alles. Man nimmt sich eine Tasse Tee, setzt sich ans Fenster, schaut hinaus in die Natur und entspannt. Das ist für mich persönlich absoluter Luxus.
Wie werden die Ausflüge angenommen?
Sehr gut. Sie können vorher oder direkt an Bord gebucht werden und die Gäste haben eine große Auswahl, vom Stadtspaziergang bis zu sportlichen Aktivitäten und Husky-Schlittenfahrten im Winter. Wir geben genau an, wie fit man für die jeweilige Tour sein muss. Aber alles ist fakultativ und natürlich kann man den Stadtbummel auch auf eigene Faust unternehmen. Die Ausflüge sind für alle Schiffe gleich. Sie wechseln, wenn wir etwa einen neuen Anbieter haben, aber soweit es möglich ist, arbeiten wir langfristig mit unseren Partnern zusammen. Man kennt sich und ist gut eingespielt. Wir schauen aber immer wieder, wer etwas Spannendes anbietet, um es gegebenenfalls ins Programm aufzunehmen.
Ab April 2025 fahren die Havila-Schiffe selbst in den Geiranger Fjord …
Ja, von 1. April bis 31. August und von 1. September bis 31. Oktober fahren sie in den Hjørund-Fjord, das bringt Abwechslung. Das Schiff stoppt in Alesund, und die Gäste können entweder dortbleiben oder etwa 2,5 Stunden zum Geiranger-Fjord weiterfahren. In Geiranger gibt es einen weiteren längeren Halt, bevor das Schiff wieder nach Alesund zurückkehrt. Im Winter unternehmen die Gäste den Ausflug mit einem Katamaran. Zum Ausflugspaket unseres Partners VisitGeiranger AS gehören außerdem der Bustransfer und ein Besuch im Museum.
Was bedeutet es für Havila, dass die norwegische Regierung das Fahrverbot für nicht-emissionsfreie Schiffe in den Fjorden von 2026 auf 2032 verschoben hat?
Das ist sehr bedauerlich, denn natürlich war es ein Alleinstellungsmerkmal für uns, und wir haben sehr viel in entsprechende Schiffe investiert. Die Regierungsentscheidung macht uns einen Strich durch die Rechnung. LNG ist ja nicht gerade günstig, und unsere Kosten sind deutlich höher als die der anderen Reedereien, die in die Fjorde fahren. Andererseits muss einer der Pionier sein – und das sind wir gerne. Wir sprechen auch mit anderen Reedereien darüber, was man machen kann und teilen unsere Erfahrungen mit ihnen, sodass wir eine gemeinsame Lösung finden, um nachhaltiger auf der Route zu sein.
Sie sind unter anderem auch für den Vertrieb Deutschland, Österreich und Schweiz zuständig. Wie viel Provision erhalten die Reisebüropartner?
Acht bis zwölf Prozent. Jetzt, da alle vier Schiffe da sind, ist die Stunde Null, und wir schauen, ob, wie und wann wir die Provision künftig staffeln wollen.
Wie unterstützt Havila die Agenturen?
In Deutschland unterstützt mich eine Key-Account-Managerin, Katrin Greywe, sodass wir bei einigen Roadshows und Veranstaltungen dabei sein können. Außerdem machen wir viele Schulungen und sind sehr offen für diesbezügliche Anfragen von Reisebüros. Dasselbe gilt auch für Famtrips. Es ist immer gut, so eine Reise selbst zu erleben.
Mit welchen Veranstaltern arbeitet Havila zusammen?
Mit vielen, etwa Wolters, Windrose, Troll Touristik und Dertour.
Schnürt Havila auch Pakete inklusive Flug?
Noch nicht, aber das wird kommen.
Auf welche Neuigkeiten können sich die Gäste freuen?
Wir werden die Menüs ein wenig ändern und mehr Varianten für Vegetarier und Veganer anbieten. Das ist sehr gefragt.
Was steht auf Ihrer Bucketlist?
Ich würde gerne die komplette Rundreise machen – am liebsten im Urlaub. Auch die Arktis steht ganz oben auf der Liste. Aber es gibt viele Länder auf dieser Welt, in die ich gerne reisen würde. Ich finde alles interessant und bin für alles offen.