CC VIP-EXPERTS ON TOUR: Postschiffroute
Kurs aufs Nordlicht
Einmal im Leben die Nordlichter sehen und den Polarkreis überqueren – für viele steht eine Reise auf der Postschiffroute in Norwegen ganz oben auf der Wunschliste. CC VIP hat sich diesen Traum erfüllt und ist mit der „Castor“ von Havila Voyages von Bergen nach Tromsø gefahren.

Nachhaltig unterwegs
Die legendäre Postschiffroute, die 2023 ihr 130-jähriges Bestehen feierte, ist nicht nur ein Touristenmagnet, sondern auch eine wichtige Verkehrsader für Einheimische und Güter an der norwegischen Westküste. Einst von mehreren Reedereien betrieben, die nach und nach fusionierten, hielt die Reederei Hurtigruten ab 2006 das Monopol. Seit 2021 ist auch die familienbetriebene Reederei Havila Voyages mit nachhaltigen Schiffen auf der Strecke unterwegs: „Unsere Schiffe sind die umweltfreundlichsten auf dieser Route“, betont Deutschland-Chefin Pia Kuusisto. Die vier baugleichen Schiffe, die Platz für maximal 300 Passagiere bieten, nutzen LNG und Batterien. „Sie können bis zu vier Stunden batteriebetrieben fahren, zum Beispiel in die UNESCO-Welterbestätte Geiranger- und in den Hjørundfjord Fjord“, so Kuusisto. „Ein Batteriesatz dieser Größe ist ein Backup, das es bisher auf keinem Schiff gegeben hat“, ergänzt Kapitän Bjørn Ivar Pedersen. „Er sorgt dafür, dass wir immer sicher an Land kommen, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass die Motoren ausfallen.“

Fjords schlagen Wellen
Für die Passagiere der Castor steht nach der Einschiffung in Bergen bereits am nächsten Tag ein Ausflugs-Höhepunkt auf dem Programm: der Geiranger Fjord. Von April bis Ende August gleiten die Havila-Schiffe nahezu geräuschlos und emissionsfrei in rund zweieinhalb Stunden von Alesund nach Geiranger. Im Winter übernehmen LNG-betriebene Katamarane von VisitGeiranger AS. An Bord erhalten die Passagiere von den Fjord Rangers um die gebürtige deutsche Naturwissenschaftlerin Nicole Dietzel detaillierte Informationen über die vorbeiziehende Natur und das entbehrungsreiche Leben der Bauern auf den Höfen oben an den Berghängen. Rund eine Million Besucher zieht der Fjord jährlich an, mehr als die Hälfte komme mit großen Kreuzfahrtschiffen, erklärt Dietzel, zum Leidwesen der Natur: „Die Luftverschmutzung im Fjord ist manchmal so hoch wie in der Hauptstadt Oslo.“ Umso bedauerlich sei es, dass die norwegische Regierung das Fahrverbot in die Fjorde für nicht emissionsfreie Schiffe von 2026 auf 2032 verschoben hat.
Der Ausflug nach Geiranger und zurück dauert rund achteinhalb Stunden inklusive einer kurzen Busfahrt zum Aussichtspunkt über dem Fjord, der nicht nur Selfie-Enthusiasten erfreut. Nach einer anschließenden Stippvisite durch das Norwegische Fjordzentrum wandert,wer nicht Busfahren möchte auf dem 300 Stufen langen Treppensteig entlang eines Wasserfalls hinunter zur Anlegestelle. Am Abend setzt die Castor ihre Reise fort, und am nächsten Morgen erreicht sie Trondheim. Wer will, geht von Bord, optional ist eine Bootstour buchbar. Pro Ausflug müssen die Gäste etwa 50 bis 400 Euro pro Person berappen.
Einer der besten Plätze, die bunten Holzhäuser in Trondheim zu fotografieren, ist die alte Stadtbrücke Gamle Bybro, die über den Fluss Nidelva führt. Auf der anderen Seite locken die mit Kopfstein gepflasterten Straßen der Altstadt Bakklandet mit kleinen Boutiquen und gemütlichen Cafés.

Taste of Nordlicht
Abendessen mit wohligem Nichtstun und Blick auf die vorbeiziehende Landschaft. Hin und wieder kommt eine Lautsprecherdurchsage auf Deutsch, Englisch und Norwegisch, dann strömen alle nach draußen, denn es gibt etwas Besonderes zu sehen. Kurz nach Trondheim ist es der achteckige rote Leuchtturm Kjeungskjær, der auf einer kleinen Schäre vor Ørland über einen Schifffahrtsweg im Bjungfjord wacht. Sowohl im Fine-Dining-Restaurant Hilding als auch im Havrand-Restaurant speist man à la carte, außer beim Frühstück. Das ist bequem und vermeidet lange Schlangen am Buffet. Im Havrand Restaurant wählen die Gäste aus einer gleichbleibenden Karte pro Rundreise, die um regionale Menüs ergänzt wird.
Ein besonders aufregender Moment erwartet die Passagiere zwischen Nesna und Ørnes: Die Überquerung des Polarkreises auf 66 Grad nördlicher Breite (66° 33‘ Nord). Symbolisiert wird der Eintritt in die Arktis durch einen Globus auf der Insel Vikingen, der von Bord aus zu sehen ist. Ganz mutige Gäste nehmen an der Polartaufe teil, ein Ritual der Seeleute, wenn ein Besatzungsmitglied oder ein Passagier zum ersten Mal auf See den Polarkreis überquert. Unter großem Beifall der Mitreisenden werden sie vom Meeresgott Njörd mit einer Kelle Eis und Wasser getauft. Und ab hier steigt auch die Spannung: Denn jetzt beginnt die Suche nach den sagenumwobenen Nordlichtern, die im Winter über den Himmel tanzen. An Schlaf ist daher nicht zu denken, denn keiner will das absolute Highlight der Reise verpassen. Während die Inselwelt der Lofoten mit kleinen Fischerdörfern und steilen Berghängen vorbeiziehen, studieren die Passagiere die Vorhersagen ihrer Nordlichter-Apps oder warten sehnsüchtig auf den Nordlicht-Alarm des Kabinentelefons.

Eiskalte Highlights
Leider lässt sich in zunächst keines der Lichtwunder am Himmel blicken, und so planen einige der Passagiere nach der Ankunft in der europäischen Kulturhauptstadt 2024, Bodø, bedenkenlos ein Ausflug zum größten Gezeitenstrom der Welt ein. Eine halbe Stunde dauert die Fahrt mit dem Bus zum Saltstraumen, wo sich das Meer durch den schmalen Sund in den Fjord hineinzwängt. Die Wasserwirbel, den die starke Strömung verursacht, können bis zu zehn Meter breit und vier bis fünf Meter tief sein. Die Besucher sind beeindruckt, auch wenn sich der Saltstraumen gezeitenbedingt eher harmlos präsentiert.
Kurz, nachdem die Castor das winterliche Bodø verlassen hat, ist es endlich soweit: „In der nächsten Stunde ist die Wahrscheinlichkeit, Nordlichter zu sehen, hoch“, tönt es durch die Bordlautsprecher. Die Gäste stürmen auf die Außendecks mit dem Blick nach oben und gezückten Handys in der Hand. Und tatsächlich, plötzlich verfärbt sich der Himmel, und es sind zunächst schwache, dann immer stärkere grüne und lila Farbenspiele zu sehen. Die Gäste knipsen, was das Zeug hält – denn so schnell das Lichtspektakel begonnen hat, ist es auch wieder vorbei. Doch die euphorische Stimmung an Bord ist ansteckend. Überall zeigen sich wildfremde Menschen gegenseitig die Aufnahmen der Lichter und strahlen um die Wette. Bis Kirkenes und auf der anschließenden Rückfahrt nach Bergen warten noch weitere Erlebnisse auf sie, darunter der Besuch einer Rentierfarm, des Nordkaps und eines Eishotels. Auf der 22-tägigen, rund 5.000 Kilometer langen Rundreise stehen insgesamt 34 Häfen in Richtung Norden und 33 auf der Rückreise nach Süden auf dem Fahrplan.
Text: Susanne Freitag