GOOD TO HEAR: Valeriano Antonioli, CEO Lungarno Collection
Expansion in „High Heel Locations”
Als CEO der Lungarno Collection zeichnet Valeriano Antonioli für die strategische Vision, das Wachstum und den Betrieb der Luxushotels und Markenappartements der Couture-Hotelgesellschaft der Familie Salvatore Ferragamo in Florenz, Rom und Mailand verantwortlich. Mit mehr als 13 Jahren Erfahrung in dieser Funktion hat er 2014 die Luxusmarke Portrait geschaffen und umgesetzt. CC-VIP-Autorin Susanne Freitag hat Antonioli auf der ILTM in Cannes getroffen.
Herr Antonioli, wie ist die Lungarno Collection entstanden?
Die Lungarno Collection wurde vor rund 25 Jahren gegründet, als die Familie Ferragamo drei Immobilien in Florenz erwarb. Eine davon war das Hotel Lungarno, ein renommiertes, aber auch renovierungsbedürftiges Haus. Leonardo Ferragamo hatte die Aufgabe übernommen, es zu renovieren und engagierte dafür einen jungen Architekten aus der Region, der bereits schöne Häuser und Apartments gebaut hatte, aber noch kein Hotel. Das war Michele Bonan. So wurde das Lungarno das erste Hotel von Michele Bonan und der Familie Ferragamo. Bald sprach die ganze Welt von dem ersten Hotel in der Modewelt, obwohl wir die Hotels nie als Ferragamo-Hotels kommuniziert haben. Wir haben immer nur gesagt, sie gehören der Familie Ferragamo. Mit zwei weiteren Vier-Sterne-Hotels entstand die erste Generation des Unternehmens.
Wie ging es weiter?
Von 2010 bis heute habe ich mit meinem Team die Lungarno Collection auf die Fünf-Sterne-Ebene gebracht, das Gründungshaus renoviert und 2014 die Marke Portrait erfunden. Dazu zählen heute das Portrait Roma, das Portrait Firenze und seit zwei Jahren das Portrait Milano im Zentrum des Quadrilatero della Moda, das auch Mitglied der Leading Hotels of the World ist. Im nächsten Schritt werden wir die Lungarno Collection zumindest teilweise in den Portrait-Brand umwandeln. Ob die gesamte Collection oder nur einzelne Häuser, wird sich zeigen. Wir denken, der Markt ist für Portrait Hotels in den großen kulturellen Städten Italiens bereit.
Was zeichnet die Portrait-Hotels aus?
Portrait Hotels sind sehr stark auf Persönlichkeit und die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Gäste ausgerichtet und der durchschnittliche Preis liegt bei 1.600 Euro pro Nacht. Ein Großteil unserer Gäste kommt aus den Vereinigten Staaten, der zweite Markt ist Europa mit Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Österreich und UK. Die beiden Restaurants im Portrait Milano sind auch sehr beliebt bei den Mailändern. Wenn Sie dort übernachten, erleben Sie eine fantastische Mischung aus Touristen und Locals. Wir haben sehr viele Awards für das Hotel gewonnen, aber sind besonders stolz auf die Auszeichnung „Best Breakfast Italy“. Jeden Tag kommen rund 50 Einheimische zu uns zum Frühstück. Das ergibt eine tolle Mischung aus schicken Mailändern und Gästen aus der ganzen Welt. Portrait ist überall so, es ist ein Porträt der Stadt, eine Mischung zwischen Locals und Besuchern.
Welche Bedeutung hat die Lungarno Collection für die Familie Ferragamo?
Wir hatten immer sehr schöne Hotels, aber im Vier-Sterne-Bereich. Das ist ein schwieriger Vergleich mit einer der besten Modemarke Italiens. Jetzt sind die Kunden dieselben.
Werden Sie die Marke Portrait weiter ausbauen?
Ja. Als die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg wieder nach Europa reisten und nach Italien kamen, waren sie auf der sogenannten Grand Tour unterwegs, in den Städten Rom, Venedig und Florenz. Das war ein Muss. Dazu kamen Orte wie die Amalfiküste oder Capri, die nur von ihnen besucht wurden. Damals gab es nicht viel Luxustourismus aus Europa, aber die Amerikaner konnten sich das Reisen erlauben. Seit der Superluxus-Hotelkette Compagnia Italiana Grandi Alberghi (CIGA) unter Prinz Karim Aga Khan in den 1980er Jahren hat Italien keine italienische Luxushotelmarke, die das Land im In- und Ausland repräsentiert. Meiner Meinung nach müssen wir in fünf kulturellen Städten präsent sein, um ein Superbrand zu werden. Das sind Mailand, Florenz, Venedig, Rom und Neapel. Sie sind alle mit dem Hochgeschwindigkeitszug verbunden. Zusätzlich sind Sizilien, die Amalfiküste, Capri und der Comer See interessant. Aber es ist nicht so einfach, denn der Luxustourismus hatte einen großen Push in den vergangenen beiden Jahren, und die Hoteleigentümer verlangen sehr hohe Preise für ihre Immobilien.
Bis wann haben Sie sich diese Ziele gesetzt?
Von den Intentionen her in drei bis vier Jahren, aber realistisch ist das wahrscheinlich nicht. Es ist einfach, eine B-Location zu finden, aber eine zentrale Location nicht. Aus Spaß nenne ich letztere eine „High Heels Location“, denn wenn das Hotel etwas außerhalb ist, muss man Tennisschuhe anziehen, damit man dahin kommt, wo man hinkommen will. Am richtigen Ort aber kann man mit schicken Schuhen aus dem Hotel gehen, und es ist eine Gelegenheit, zu sehen und gesehen zu werden, weil alles im fußläufigen Bereich ist. So eine Location brauchen wir, aber davon gibt es wenige.
Können Sie sich auch vorstellen, außerhalb Italiens zu expandieren?
München wäre eine fantastische Destination und auch Zürich. Wir suchen nicht proaktiv, aber wenn sich eine Gelegenheit ergibt, würden wir gerne zugreifen. Diese beiden Städte wären gut für die Marke Portrait. Ich denke, Deutschland könnte im Hotelbereich einen Push nach oben gebrauchen.
Und wie sieht es im ländlichen Raum aus?
Vorstellbar wäre ein Resort. Wie erwähnt, ist der Comer See interessant. Es gibt Destinationen, die zu einer Stadt dazugehören. Der Comer See gehört für mich zu Mailand, und beide sind sehr gut kombinierbar. Wie übrigens auch die Amalfiküste mit Neapel. Sizilien hat viele Interessensebenen. Von den beiden internationalen Airports gibt es etwa Direktflüge nach New York, und die Region ist viel einfacher erreichbar als beispielsweise Apulien. Außerdem ist Sizilien noch nicht so bekannt. Und jetzt ist noch die Zeit, dort eine Immobilie zu finden, die nicht so teuer ist.
Sind alle Hotels im Besitz der Familie Ferragamo?
Ja, außer dem Portrait Milano, das gepachtet ist. Wir sind auch Eigentümer der Savoy Hotels, die wiederum von Rocco Forte gepachtet sind. Im März eröffnen wir Residenzen im Rahmen einer Hotelmanagement-Vereinbarung. Damit haben wir das ganze Spektrum: Wir sind Eigentümer, wir mieten und verpachten und haben Hotelmanagement-Verträge.
Zur Lungarno Collection gehören auch die Iconic Hotels und die SmArt & Fun Hotels, wie verhält es sich damit?
Das sind sehr erfolgreiche Vier-Sterne-Hotels in Florenz und eine gute Alternative für meist jüngere Reisende, die nur 250 bis 500 Euro pro Nacht ausgeben möchten. Der Service ist ähnlich und die Locations sind ebenfalls zentral, aber die Häuser sind ein bisschen lässiger. Ich würde fast sagen, das Gallery Hotel Art ist das meistgenutzte Hotel der Modeindustrie. Für junge, frisch verliebte Paare eignet sich das Continentale, weil es sehr romantisch ist und die beste Rooftop Bar in Florenz hat. Paare sind im Hotel Lungarno gut aufgehoben, es hat eine unglaubliche Sammlung mit mehr als 450 Kunstwerken, ein Michelin-Star Restaurant und schöne Bistros in der Umgebung. Für Familien ist das Portrait in Florenz perfekt. Die Zimmer sind größer, der Blick phänomenal und die Einrichtung moderner als im Hotel Lungarno.
Was ist für Sie das ideale Hotel?
Zu den Hotels, die ich am liebsten mag, gehört das Hotel Costes in Paris, das von Jacques Garcia designt wurde. Das war mein Highlight vor 20 Jahren, eine Kombination von Mode und Musik mit dem Haus-DJ Stéphane Pompougnac, der mit seiner Musik-Kompilation „Hôtel Costes“ international erfolgreich wurde. Das war mein Vorbild für den Diana Garden im Sheraton Diana Majestic Mailand, in dem ich aus der Mailänder Gewohnheit, abends einen Aperitif zu nehmen, ein echtes Happening machte. Heute mag ich die öffentlichen Bereiche des Chiltern Firehouse von André Balazs in London sehr: Es ist ein kleines Hotel mit 24 Zimmern, aber super erfolgreich mit Restaurant und Bars. Und natürlich das Portrait Milano: Wir haben es geschafft, das Haus in eine Destination für Mailänder und Gäste zu verwandeln, mit einer Mischung aus Restaurant, Bar, Shopping, Retail, Wellbeing und Spa. Durch die Verbundenheit mit der jeweiligen Stadt bieten alle Portrait-Hotels eine besondere Erfahrung.