GOOD TO KNOW: Attilio Azzola/Cocoon Collection
„Wir verkaufen Träume – das fasziniert uns und gibt uns viel Energie“
Attilio Azzola hat zusammen mit seinen zwei Brüdern, Alessandro und Andrea, sowie mit seiner Mutter Maria Rosaria vor einem knappen Jahr die italienische Luxusmarke The Cocoon Collection gegründet. Mittlerweile zählen fünf Hotels zur Kollektion, drei weitere sollen in den kommenden Monaten dazukommen. Im Gespräch mit CC-VIP-Autorin Susanne Freitag gibt Attilio Einblicke in die Geschichte des Familienunternehmens.

Die Cocoon Collection bündelt vierzig Jahre Leben, Arbeit und Leidenschaft Ihrer Familie im Indischen Ozean. Wie hat alles angefangen und wo steht die Kollektion heute? Wir sind ein Familienunternehmen, das von meinen beiden Brüdern Alessandro und Andrea sowie von mir und meiner Mutter, Maria Rosaria, als Präsidentin geführt wird. Die Marke Cocoon Collection gibt es gerade einmal seit März 2022, aber wir haben bereits unser ganzes Leben in der Touristikbranche verbracht. Unsere Geschichte begann vor 42 Jahren, als mein Vater Enzo ein Hotel im Süden von Sri Lanka baute. Damals war Sri Lanka anders als wir es heute kennen, es gab keine Elektrizität, und die Fahrt von Colombo bis zu unserem Hotel dauerte sieben Stunden. Wir lebten monatelang in einem Haus mitten im Dschungel, und es war wirklich ein Abenteuer. Mein Vater ist in Sri Lanka geblieben und meine Mutter gründete den Veranstalter Azemar in Italien – einer der führenden Anbieter von Reisen in den Indischen Ozean.
So hätte die Geschichte enden können … Ja, aber mit der Finanzkrise 2007 änderte sich die Situation: Den Veranstaltern ging es nicht so gut, und wir entschieden uns, das Geschäftsmodell unseres Unternehmens anzupassen und zu dem, was wir am Anfang gemacht hatten, zurückzukehren: Hotels bauen und managen. Also eröffneten wir das erste Haus in Sanisbar, das Gold Zanzibar, am feinen, weißen Sandstrand von Kendwa im Nordwesten der Insel. Weil das gut lief, machten wir weiter. Unser Vorteil ist, dass wir unsere eigenen Hotels in Destinationen haben, die wir sehr gut kennen und wo wir auch sehr bekannt sind. Auf den Malediven sind wir seit über 40 Jahren, in Sri Lanka seit 42 Jahren und in Sansibar seit mehr als 20 Jahren präsent – erst als Veranstalter, jetzt als Hoteliers.

The Island Pongwe Lodge
Was macht Ihre Häuser besonders? Wir haben immer versucht, sie in die lokale Realität einzubinden und sie exakt in die vorhandenen Gegebenheiten der Destination und des Marktsegments einzufügen. Außerdem sind wir sehr mit den Destinationen verbunden, in denen unsere Häuser stehen, auch unsere Mitarbeiter sind Einheimische. Als Italiener sind wir zwar Ausländer, aber meine Brüder verbringen immer ein halbes Jahr lang dort, wo auch unsere Hotels stehen. Die Länder gehören also auch zu unserem Leben dazu. Als Italiener wollen wir natürlich auch Dinge wie Stil, Design und Küche einbringen und die besondere Gastfreundschaft, die wir „friendly Five-Star“ nennen. Sie ist typisch italienisch und legt großen Wert auf Wärme und eine besondere Atmosphäre.
Sind Ihre Hotels vor allem für italienische Gäste konzipiert? Nein, ganz und gar nicht. Nur 20 Prozent unserer Gäste kommen aus Italien. Den größten Anteil haben der deutschsprachige und der britische Markt, vor allem auf den Malediven. In Sansibar variiert das nach Destination, dort begrüßen wir vor allem Gäste aus Frankreich und Spanien, aber im Winter auch viele Deutsche.
Wie wollen Sie den deutschsprachigen Markt 2023 weiter ankurbeln? Wir eröffnen drei neue Hotels dieses Jahr, eines auf den Malediven und zwei in Sansibar. Um den deutschen Markt noch mehr anzusprechen, wollen wir Vertriebsmitarbeiter in Deutschland einsetzen. Wir haben mit einem Hotel angefangen, jetzt sind es fünf, und drei weitere kommen noch dazu. Das heißt, wir müssen auch innerhalb des Unternehmens wachsen und können nicht mehr alles selbst machen.
Warum eröffnen Sie nicht auch ein Hotel in Italien? In Europa geht alles etwas langsamer. Ich liebe den Kontinent, aber es ist sehr kompliziert, hier zu arbeiten, vor allem in Italien. Wenn wir etwa ein neues Hotel in Sansibar oder auf den Malediven eröffnen wollen, brauchen wir einen Business Plan, einen geeigneten Ort und eine Genehmigung. Dann fangen wir an und sind in rund anderthalb Jahren fertig. In Europa dauert das viel länger und ist bürokratischer. Auf den Malediven gibt es zwar sehr strenge Regeln, aber man befolgt sie und ist auf der sicheren Seite.

Gold Zanzibar
Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit für Sie? Natürlich gehört Nachhaltigkeit zu unserer Strategie. Alle unsere Hotels sind schon lange plastikfrei – die Häuser in Sansibar fast. Die beiden neuen Hotels sind umweltfreundlich und haben beispielsweise einen Solarpark. Zur Nachhaltigkeit gehört aber auch die Partnerschaft mit der lokalen Gemeinschaft. Es ist wichtig, dass man den Ort, in dem man Urlaub macht, respektiert und einen Bezug dazu hat. Darauf legen wir großen Wert. Vor ein paar Jahren haben wir in Sansibar die Sofia Luna Azzola Foundation ins Leben gerufen, mit dem Ziel, das Leben der lokalen Gemeinschaften zu verbessern. So konnten wir etwa zwei Grundschulen für bis zu 500 Kinder bauen und Studierende im Bereich Tourismus mit Stipendien unterstützen. Die Absolventen können ihre Karriere dann in unseren Hotels starten. Außerdem haben wir für die Bewohner eines Fischerdorfes in der Nähe unseres neuesten Fünf-Sterne-Hotels Häuser gebaut und werden Fisch und Meeresfrüchte von ihnen für unsere Restaurants beziehen. Auf den Malediven haben wir die Cocoon Foundation gegründet und arbeiten eng mit den Bauern zusammen.
Auf welcher Insel der Malediven wird das neue Hotel eröffnen? Wir haben je ein Haus im Lhaviyani-Atoll und im Raa-Atoll. Das neue Haus, Joy Island, eröffnet im Juli. Es liegt im Nord-Malé-Atoll, nur 40 Minuten mit dem Schnellboot vom internationalen Flughafen Velana entfernt. Der Name ist Programm: Es hat 150 Villen am Strand und in der Lagune und bietet den Gästen vor allem Wellness, gesundes Essen und Vergnügen. Wir haben einige Überraschungen für sie, wie etwa tolle Aktivitäten und kleine Events. Außerdem ist auf dem Grundstück Platz für ein weiteres Hotel.
Gibt es Pläne für Hotels in weiteren Destinationen? Ja, wir haben interessante Ideen, aber erst einmal müssen wir die neuen Hotels an den Start bringen und sehen, dass sie laufen, dann können wir wieder investieren. Wenn meine Brüder und ich ein neues Hotel planen, machen wir eine Art Brainstorming. Es ist sehr aufregend und anstrengend, ein Haus vom Bau bis zum fertigen Hotel selbst zu planen, vor allem auf einer kleinen Malediven-Insel. Wenn Sie auf der kleinen Sandbank mitten im Ozean ankommen, ist da nichts um Sie herum. Wenn Sie nicht das ganze Material, das sie brauchen, dabeihaben, stoppen die Arbeiten. Während ich immer wieder nach dem Rechten schaue, ist mein Bruder die ganze Zeit vor Ort. Wenn Sie sich auf ein solches Abenteuer einlassen, wollen Sie es wirklich und sind sehr motiviert. Wenn wir etwas finden, das wir wirklich interessant finden, machen wir weiter. Aber für die nächsten anderthalb Jahre sind wir ganz schön beschäftigt. Mehr wäre zu viel, man muss abwägen, wie viel man managen kann. Wenn man zu weit geht, kann man die Kontrolle verlieren über das, was man macht.
Was erwarten Sie von 2023 – wo wollen Sie am Ende des Jahres stehen? Seit ich ein Kind war, machte ich jedes Jahr eine To-Do-Liste – früher ging es um die Schule, heute ums Geschäft. Ich fokussiere mich gerade darauf, was ich in diesem Jahr alles machen möchte. Alle sagen, das wird ein herausforderndes Jahr. Aber wir haben schon viele Herausforderungen gemeistert. Wir wissen, es ist ein Jahr, in dem wir wahrscheinlich mehr arbeiten müssen und vielleicht etwas weniger bekommen. Mao Tse-tung sagt einmal: ‚Alles unter dem Himmel ist in einem völligen Chaos, die Situation ist ausgezeichnet.“ Die Zeit ist günstig für Leute, die etwa machen wollen und eine positive Energie haben. Wir genießen das Touristikgeschäft wirklich sehr, obwohl es so komplex ist und sowohl finanzielle Faktoren eine Rolle spielen als auch solche, die man nicht wirklich greifen kann. Wir verkaufen Träume – das fasziniert uns und gibt uns viel Energie.
