„,The World‘ punktet mit einem ebenso edlen wie puristischen Ambiente – und mit unglaublich viel Platz.“
200 Meter lang, 30 Meter breit, zwölf Decks hoch und an 365 Tagen im Jahr mit einer ausgesprochen wohlsituierten Klientel auf allen Ozeanen unterwegs: „The World“ ist ein Schiff der absoluten Luxusklasse – und dennoch in keinem (egal wie exklusiven) Reisebüro buchbar. Denn „The World“ ist kein Cruiseliner, sondern eine Welt für sich. Zugang hat hier nur, wer eines der 165 Apartments an Bord sein Eigen nennt.
„Und die wohnen da wirklich?“ Der Taxifahrer, dem ich auf dem Weg vom Hamburger Flughafen zum Cruise Center von meinem Besuch auf „The World“ erzähle, kann es kaum glauben. Und auch ich, der mit allen Meerwassern gewaschene Kreuzfahrtjournalist, bin gespannt: Ein Schiff von den Dimensionen einer „MS Europa“ als schwimmender Zweit- oder Drittwohnsitz für Superreiche? Kann man sich da wohlfühlen? Der erste Eindruck: Man kann! Denn statt mit Glitzer, Glamour und güldenem Schein punktet „The World“ mit einem ebenso edlen wie puristischen Ambiente – und mit unglaublich viel Platz. Boutiquehotels in London oder Stockholm sehen so aus, keinesfalls aber Kreuzfahrtschiffe im Ultraluxussegment. Kunstvolles Highlight und erster Hingucker in der Lobby: Maurizio Cattelans „Comedian“, ein aus einer Banane und Gaffaband bestehendes Objekt, das auf der Art Basel Miami für 120.000 Dollar verkauft wurde. Seine stolzen Besitzer haben es von der Messe direkt aufs Schiff bringen lassen, wo sich der Kunstbeauftragte um den regelmäßigen Austausch der Banane kümmert. Wer sind die Leute, die sich nicht nur Obst an die Wand hängen, sondern auch in bis zu 360 m2 großen Apartments auf See residieren? Zumeist Amerikaner, Asiaten und Südafrikaner. Aber auch ein paar Europäer gehören zu den bunt gemischten – und vor allem erstaunlich jungen – Eigentümern. Das Durchschnittsalter liegt bei Mitte 50. Tendenz weiter sinkend, denn nach den (Wirtschafts-)Boomern drängt nun die Generation (erfolgreich verkauftes) Start-up an Bord. Manche kommen sogar als Familien. Warum die Kids an Land in die Schule schicken, wenn sich Antike und Evolutionslehre auch in Pompeji oder auf den Galapagos-Inseln lernen lassen?
„Ein Schiff von den Dimensionen einer „MS Europa“ als schwimmender Zweit- oder Drittwohnsitz für Superreiche?”
„,The World‘ ist zumeist auf bis zu zwei Jahre dauernden Weltreisen unterwegs, über deren genaues Routing von der Community abgestimmt wird.“
„Ein Studio ist ab 2,5 Millionen Dollar erhältlich.“
„Es sind die ‚Happy 2 Percent‘, die auf ‚The World‘ Wohnungen besitzen“, erklärt Resident Director Andy Dinsdale beim Rundgang und verweist darauf, dass es bei der reinen Kaufsumme – zwischen 2,5 Millionen Dollar fürs 30-m2-Studio und 14,5 Millionen für ein 3-Bedroom-Apartment mit zwei Bädern, Küche und Ankleidezimmer – nicht bleibt. „Dazu kommen Maintenance Fees, Hafengebühren und natürlich auch die Kosten für 250 Crewmitglieder. Das beläuft sich schnell auf zusätzliche 500.000 Dollar pro Jahr.“ Kein Wunder, dass man bei potentiellen Käufern vorsichtig ist: „Jeder, der an Bord will, muss nachweisen, dass er mindestens zehn Millionen Kapital übrig hat.“ Ist der Kauf dann erledigt, darf sich der neue Besitzer zum elitären Kreis der „Residents“ zählen und im „Itinerary Committee“ über das Routing für die nächsten Jahre mitabstimmen – wobei jeder Square Foot Eigentum einer Stimme entspricht. Im Durchschnitt stehen die Apartments nach sechs Jahren wieder zum Verkauf – dann haben die Besitzer mindestens einmal die Welt umrundet und auf ihren Bucket Lists das „Champagner-Frühstück auf einer Eisscholle in der Antarktis“ oder die „Einbaum-Tour auf dem Amazonas“ abgehakt.
Bei meinem Besuch darf ich mir eines der auf dem Markt befindlichen Apartments anschauen. Es gehört einer Amerikanerin, die während der Pandemie die Lust am Seereisen verloren hat. Seit 2019 schwimmen ihre Chanel-Kostüme und Manolo-Blahnik-Heels nun schon ungetragen über die Weltmeere. Ob Madame das erlesene Gewand denn nicht abzuholen gedenkt? „Nein“, erklärt Andy, „sie bat uns, die Sachen zu entsorgen, wenn das Apartment verkauft wird.“
„Jeder Square Foot Eigentum entspricht einer Stimme im Itinerary Committee.”
„Boutiquehotels in London oder Stockholm sehen so aus, keinesfalls aber Kreuzfahrtschiffe im Ultraluxussegment.”
„Normalerweise sind zwischen 150 und 200 Residents an Bord.“
Dass man auf den Weltmeeren nicht zwangsläufig den festen Boden unter den Füßen verlieren muss, beweisen Chris und Allison (Namen von der Redaktion geändert), die ich zum Lunch in einem der sechs Bordrestaurants treffe. Das Paar aus Texas verbringt etwa sechs Monate im Jahr auf der „The World“ – „meist ziemlich spontan und abhängig vom Routing. Dieses Mal werden wir bis Reykjavik bleiben. Wir sind Naturfreaks, wandern gerne und sind viel mit den Bordfahrrädern unterwegs, deshalb interessiert uns das Nordland“, so Chris. Ob Hiken, Biken oder Fotografieren: Für fast jedes Hobby gibt es auf dem Schiff WhatsApp-Gruppen, in denen man sich austauscht und zu gemeinsamen Aktivitäten an Land verabredet.
Nur die Tennisspieler müssten das Schiff eigentlich nie verlassen, für sie gibt es den weltweit einzigen Court auf See mit turniertauglichen Maßen. Und wie schaut das Social Life an Bord aus? „Viel entspannter, als man sich es vorstellen mag. Wir kennen hier weder Dresscodes noch Standesdünkel – keiner muss dem anderen noch etwas beweisen“, erzählt Chris. Und Allison fügt hinzu: „Manchmal gehe ich nachmittags runter in den Deli, kaufe Pasta und ein paar Flaschen Wein und lade die Nachbarn ein. Normalerweise sind zwischen 150 und 200 Residents an Bord, da kennt man einander natürlich. Da unsere Community aus 20 Ländern stammt, gibt’s auch oft Nationalfeiertage zu feiern, meistens als große Party zusammen mit der Crew. ‚The people make The World‘, lautet unser Motto – und glauben Sie mir, diese Welt ist einfach wundervoll!“
Text: Jörg Bertram
„Für Tennisspieler gibt es den weltweit einzigen Court auf See mit turniertauglichen Maßen.“
„Jeder, der an Bord will, muss nachweisen, dass er mindestens zehn Millionen Kapital übrig hat.“