GOOD TO HEAR: Jörg Peter Krebs, Schweiz Tourismus
„Jeder, der gerne Luxus hat, muss die Schweiz einmal in seinem Leben gesehen haben“
Jörg Peter Krebs ist seit 2013 Direktor für Zentraleuropa und den Mittleren Osten von Schweiz Tourismus in Frankfurt. CC-VIP-Autorin Susanne Freitag hat mit dem selbsterklärten „Peoplespotter“ über die neue Fokussierung der Schweiz auf den Luxusmarkt gesprochen.

Wie wichtig ist der Markt für Luxusreisen für die Schweiz? Er ist schon immer wichtig gewesen, und wir hatten ihn in der Vermarktung mit drin. Jetzt haben wir angefangen, eine Art Cluster about Luxury Tourism zu machen, die von der Zentrale in Zürich gesteuert wird. Das Luxussegment in der Schweizer Hotellerie macht etwa neun Prozent aus, aber der Umsatz ist mit 25 bis 30 Prozent des Gesamtumsatzes natürlich viel höher. Die Wertschöpfung liegt bei über 600 Franken pro Kopf pro Tag. Das macht uns natürlich sehr viel Freude. Wenn wir den Kunden ansprechen, der dieses Segment sucht, brauchen wir auch die gewisse Infrastruktur. Ein Hotel reicht nicht, sondern die Destination muss dementsprechend sein, wie etwa Genf, Zürich, St. Moritz, Gstaad oder Zermatt. Dort kann man schön shoppen und essengehen. Die Gastronomie ist enorm wichtig in diesem Bereich. Deshalb sind wir dabei, das richtig aufzubauen, und wir haben in diesem Jahr schon den ein oder anderen größeren Event, international und auch in Deutschland.
Wo genau? Ende März sind wir mit einem Event für Luxury Wedding in München gestartet. Wir haben auch ein Wedding-Cluster gegründet, um Hochzeiten aus aller Welt zu akquirieren, was in einigen Märkten hervorragend funktioniert. Ich war vor 15 Jahre schon auf Hochzeitsmessen in Indien. Das ist ein superspannendes Segment, und die Hochzeiten im Luxusbereich finden in wunderschönen Hotels statt, die dafür prädestiniert sind. Vom 19. bis zum 21. März hatten wir das Virtuoso Forum Continental Europe der amerikanischen Gesellschaft der Luxusreisebüros in Luzern. Es waren auch Gäste aus Deutschland dabei sowie aus anderen europäischen Ländern wie Spanien und UK, und natürlich aus den USA.
Sind das auch die Märkte, die generell für den Luxustourismus interessant sind? Am wichtigsten ist der Schweizer Markt. Ansonsten ist es ein starkes interkontinentales Geschäft, die USA sind mit Abstand die Nummer eins, gefolgt von England und Indien sowie Brasilien und Deutschland. Vom Volumen her ist Deutschland extrem interessant, aber vom konzentrierten Marketing sind Märkte wie Brasilien und Indien eher matchentscheidend. Die brasilianischen Gäste haben beispielsweise die russischen ersetzt. Bis Corona und der Krieg in der Ukraine kamen, stieg die Anzahl der russischen Gäste jahrelang immer weiter an. Dieser Markt ist völlig zusammengebrochen bis auf den Medizintourismus. In den letzten Jahren haben wir Brasilien stark ausgebaut, und die Brasilianer haben die Schweiz entdeckt, auch im Winter interessanterweise. Auch die Golfstaaten sind ein wichtiger Quellmarkt im Bereich Luxus.

Neben Russland gibt auch andere Märkte, die Sie nicht mehr bearbeiten, etwa Argentinien und Südafrika. Warum? Wir können und wollen nicht überall sein und können nicht alles machen. Wir müssen uns fokussieren, deshalb liegt der klare Fokus auch auf dem Herbst. Wir möchten diesen noch viel mehr ausbauen, weil wir dort am meisten Kapazitäten sehen. Frühjahr am Berg ist sehr schwierig, weil vieles geschlossen ist. Die Bergbahnen sind in Remission, und es ist vom Ambiente her nicht mehr so schön. Im Frühjahr machen wir mehr für die Städte, die teilweise auch Lücken haben, wenn nicht gerade größere Kongresse oder andere Veranstaltungen stattfinden. Vom Märkte-Portfolio sind wir relativ breit aufgestellt und tragen nicht so große Risiken im Vergleich zu anderen Ländern, die extrem stark von nur einem Markt oder zwei Märkten leben. Wenn aber die Schweizer nicht mehr Urlaub in der Schweiz machen würden, hätten wir ein echtes Problem.
Welches Wachstumsziel haben Sie für das Luxusreisesegment? Das ist eine extrem schwierige Frage. Wir sehen den Impact unserer Arbeit erst nach etwa zwei Jahren. Es ist mehr oder weniger ein Dreijahresprogramm. Wir haben schon Wachstumszahlen, aber die sind generisch. Wir schauen vor allem die Kopfzahlen der Konjunkturforschungszentrale in Zürich an und vergleichen diese mit Oxford Economics, an denen auch andere Länder mitarbeiten. Es gibt geopolitische Faktoren, die man nicht beeinflussen kann. Wir wissen nicht, ob alle europäischen Länder jetzt noch diese überdurchschnittlichen Steigerungen aus Nordamerika haben, wie in den letzten zwei Jahren. Wie ist es in einem Jahr, gibt bricht es plötzlich zusammen, gibt es einen Anti-Trump-Trend? Das war auch ein bisschen so mit China, es gab eine Art China-Bashing als Corona ausbrach. Da müssen wir sehr aufpassen, deshalb sind Prognosen sehr stark Glaskugeln. Wir sind ein Non-profit-Unternehmen und können daher nicht direkt sagen: In dem Markt wollen wir jetzt diesen Umsatz generieren, sondern schauen das Ganze an. Aber wir denken, dass wir einfach Potenzial haben, uns im Luxusmarkt noch besser zu bewegen und diesen auszubauen. Außerdem ist das Image der Schweiz als Gesamtdestination sehr nah dran. Wir werden sehr stark als Luxusdestination angesehen, vor allem in Überseemärkten. Das kann ein Vorteil sein, aber auch ein Nachteil.

Sie haben das Fünf-Punkte-Programm „Travel Better“ aufgelegt. Was beinhaltet das? Wir sagen: Besser reisen heißt bewusster reisen. Wir möchten gern die Nachhaltigkeit fördern und haben eine Bewegung unter dem Namen Swisstainable lanciert, in der die ganze Servicekette enthalten ist. Bis jetzt gehören mehr als 2.200 Unternehmen dazu, die gewisse Kriterien erfüllen müssen. Wir haben die Nachhaltigkeit damit aber nicht erfunden, schon seit vielen Jahren gibt es Zertifikate, aber wir möchten, dass jeder in seinem Unternehmen überlegt, wie er nachhaltig arbeiten oder einen Beitrag leisten kann. Die zweitgrößte Bahn in der Schweiz etwa wird zu 100 Prozent mit Wasserstoff betrieben und die Schweizer Bundesbahnen sind schon bei 90 Prozent. Das ist ein Teil des Programms. Außerdem möchten wir die Kunden dazu bewegen, dass sie weniger reisen, aber länger bleiben, und wie gesagt, wollen wir die Hidden Gems mehr in den Vordergrund stellen, um die gesamte Vielfalt der Schweiz zu zeigen und nicht nur die absoluten Hotspots. Allerdings können wir niemandem verbieten, der die Schweiz zum ersten Mal besucht, in einen Hotspot zu gehen. Aber wenn er ein zweites Mal kommt, würden wir ihm gerne andere Orte zeigen.
Wie lange bleiben die Gäste derzeit durchschnittlich? Zu kurz – etwas über zwei Nächte. Wir sind kein Hauptferienland in Europa, sondern ein Zweitferienland. 2024 lag die Verweildauer bei 2,3 bis 2,4 Nächten im Schnitt, aber da ist auch der gesamte Geschäftsreiseverkehr mit drin. Aber wir haben auch ein Bleisure-Programm für den Business-Gast, mit dem er seinen geschäftlichen um einen privaten Aufenthalt verlängern kann.
Wie viele Luxusunterkünfte gibt es in der Schweiz? Es gibt die Swiss-Deluxe-Hotels-Gruppe mit 39 Mitgliederhotels, die bis auf das Chedi Andermatt privat geführt sind, sowie zusätzliche Luxushotels. Insgesamt sind es etwa 80 bis 90 Häuser.
Welche Regionen sind besonders interessant für Luxusreisende? Genf und Zürich als Städte. Der ganze Vierwaldstättersee-Bereich, das Engadin mit St. Moritz, Locarno-Ascona im Tessin, und im Wallis Zermatt und Crans Montana.
Wo verbringen Sie Ihren Urlaub? Ich bin sehr gerne in meinem Haus in der Schweiz. Es liegt fast am Zürichsee vor einem Naturschutzgebiet und ist für mich als „Frankfurter“ quasi ein Ferienhaus. Ansonsten bin ich sehr gerne in Saudi-Arabien und in Madrid. Dort habe ich einmal gelebt und bin ich sicher einmal pro Jahr. Aber ich war noch nirgendwo, wo es mir nicht wenigstens ein bisschen gefallen hat. Ich habe immer Freude daran, Menschen zu treffen, überall auf der Welt. Das ist das Spannende am Reisen. www.myswitzerland.com