„Wohnhäuser flachen sich stufenartig zum Fjordufer ab.“
Richtungsweisende Architektur und erstklassige Kulinarik haben Oslo zum Trendziel vieler Städtereisender werden lassen. CC-VIP-Autorin Kiki Baron hat sich für uns in Norwegens Hauptstadt umgeschaut – und sich danach auch noch auf den Weg in Richtung Bergen und Fjorde gemacht.
Ein sonnig-warmer Tag in Oslo, wie es ihn in diesem Jahr schon öfters gegeben hat: Beim Blick unter nordisch-blauem Himmel auf den neuen Stadtteil Bjøvikar geht mir das Herz auf. Am Ufer leuchten schneeweiße Bauwerke wie gespaltene Eisberge – Deichmann Bibliothek und Nationaloper. Der abgeknickte Turm mit grau gestreifter Fassade ist das im Oktober 2021 eröffnete Munch-Museum. Ein geniales Werk von Estudios Herreros unter Leitung des deutschen Architekten Jens Richter. Der Knick symbolisiert nicht nur die Verneigung vor Norwegens legendärem Künstler Edvard Munch. Das 13-stöckige Bauwerk neigt, wie Richter erklärt, auch den Kopf vor der Stadt und vor dem kollektiven Engagement der norwegischen Gesellschaft für die Umwelt. Mir gefällt diese architektonische Demut, die sich auch im nachhaltig entwickelten Quartier Oslobukta zeigt. Von der obersten Etage des Museums kann man dank transparenter Wände schon mal ahnen, was damit gemeint ist. Anstatt die aufgeschüttete Landzunge dicht zu bebauen, wurde abwechslungsreich, luftig und mit dazwischenliegenden Wasserwegen gebaut. Wohnhäuser flachen sich stufenartig zum Fjordufer ab. Dächer sind mit Gärten bepflanzt, darunter schichten sich begrünte Terrassen. Als beliebte Treffpunkte dienen Plätze mit Bänken sowie Sonnen- und Badedecks aus Holz. Erst im Anschluss präsentiert sich die Skyline von Oslo, zwölf schmale und unterschiedlich gestylte Büro- und Hoteltürme. Die Zusammenstellung mit Freiraum dazwischen ähnelt einem Barcode, daher der Name des Szenariums.
„Am Ufer leuchten schneeweiße Bauwerke wie gespaltene Eisberge.“
Moderne Ikone: das Munch-Museum mit seinem aufbauenden Knick.
„Die geschwungenen Linien der ästhetischen Ausstattung erinnern an Wellen.“
Auf meinem Spaziergang durch Oslobukta entdecke ich, dass nicht nur die Bauwerke ansehnlich sind. Nicht wenige von ihnen wurden übrigens von Snøhetta entworfen. Das global agierende norwegische Architekturbüro ist für seinen Einsatz von Naturmaterialien und nachhaltiges Ressourcen-Management berühmt. Restaurants, Bars, Cafés und Boutiquen zu ebener Erde sind Publikumsmagneten. Für Locals und Besucher gleichermaßen. Insofern ist genau das eingetroffen, was bei der Planung des Quartiers im Vordergrund stand: Der menschliche Faktor wurde berücksichtigt. Gastronomie und Geschäfte sind Ausdruck nordischer Coolness und wurden von renommierter Designerhand entworfen. Im Restaurant Holzweiler mit angeschlossenem Fashionstore gabele ich gegrillte Shrimps und Bellota-Schinken sogar in Snøhetta Interieur Design. Die geschwungenen Linien der ästhetischen Ausstattung erinnern an Wellen.
„Beim Bauen stand der menschliche Faktor an erster Stelle.“
Belesen: Bergens beeindruckende Stadtbibliothek lohnt den Besuch.
„In Oslos Toprestaurants steht Fisch ganz oben auf der Speisekarte.“
Der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes hat den Autoverkehr in der Stadt deutlich verringert. Man fährt Bus oder Tram. Die Linie 13 bringt mich zum Ekeberg-Park. Darin hat sich James Turrell mit zwei Installationen verewigt: „Ganzfeld: Double Vision“ und „Skyspace: The Color Beneath“. Der Park mit seinem Skulpturenpfad diente vor 130 Jahren Edvard Munch als Inspiration zu seinem „Schrei“. Sowohl im Munch-Museum als auch im neuen Nationalmuseum ist das Gemälde in verschiedenen Originalausführungen zu bewundern. Auf dem Hügel thront das Ekeberg-Restaurant. Weil Park und Panorama bei Tag am schönsten sind, ist es für sein Lunchangebot berühmt. Die Spezialität Moules-frites stammt zwar eigentlich aus Belgien, doch hier wird die cremige Sauce mit Curry, Ingwer und Limette aromatisiert.
In Oslos Toprestaurants wird naturgemäß viel mit frischem Fisch und Seafood gearbeitet, gern mit asiatischen Nuancen. So auch im Hyde. Zwei Treppen nach unten, und ich wähne mich auf den ersten Blick in einer behaglichen Studentenkneipe. Doch was hier auf den Tisch kommt, ist weit von Prefab-Food entfernt. Das Menü zeugt von innovativem Schaffen und erlesener Qualität: Die Scheibchen von rohem Heilbutt wurden in Fingerlimetten (auch Zitronenkaviar genannt) mariniert, die Laksa-Brühe mit Kurkuma und Koriandersamen aufgepeppt. Ordentlichen Appetit braucht man im Savage, um die vier Amuse Gueule nebst einem Dutzend kunstvoll angerichteter Hauptgänge sowie Desserts durchzustehen. Ob Kompositionen mit King Crab, Arctic Char oder Korean Short Ribs, jeder Happen beschert höchste Gaumenfreude. Mein Dinner im TAK entfaltet sich zu einem lustvollen Rundum-Erlebnis. Was man wörtlich nehmen darf. Denn es befindet sich in der spektakulären Rotonde vom Hotel Sommerro. Da heißt es, den Blick über Oslo schweifen lassen, die Gäste im Restaurant und an der Bar beobachten und köstliche nordisch-japanische Küche genießen. Ein Gedicht: das handgeschnittene Tatar auf japanischem Sweet Bread mit Wasabi-Creme, eingelegten roten Zwiebeln und Senfkörnern. Ebenso einzigartig: der saftige Heilbutt mit Forellenkaviar, Rote-Beete-Salat und Artischocken-Buttersauce.
„Munch ist hier wirklich der letzte Schrei.“
UNESCO-Welterbe: Bergen kann mit einer Traumlage und einer aufregenden Geschichte als Hansestadt aufwarten.
„Im Sommer ist es nämlich fast bis Mitternacht hell.“
Von der Stadt in Richtung Berge: Zwischen Oslo und Bergen schlängelt sich eine der reizvollsten Zugstrecken Nordeuropas. Seen und Wälder folgen im Minutentakt auf Schneeberge und Eisschollen. Dabei sind wir nur auf 1.200 Metern Höhe unterwegs. In Voss lege ich eine Pause ein. Hier versteckt sich im Park Hotel Vossevangen der beste Weinkeller Norwegens, 47.000 Flaschen mit 7.000 Labels nur vom Feinsten, speziell Raritäten aus dem Burgund. Ex-Hotelbesitzer Jan Bruse Andersen hat damit eine der umfassendsten Weinsammlungen der Welt aufgebaut. Heute wird sie von den Zwillingen Reidar und Robert Johansen verwaltet.
In Voss lockt zudem das schräg anmutende Holzhotel Elva von Frode Solbakk. Bis ins letzte Detail nachhaltig geschaffen, mit handgefertigten Designer-Möbeln im Stil der 50er-Jahre ausgestattet und jedes der zwölf Zimmer mit Glaswand bestückt, beschert es mir Glücksgefühle. Auch, weil ich nach köstlichen Farm-to-Table-Speisen von Chef Piotr Wyrwas von meinem herrlich komfortablen Bett direkt auf den See und die Schneeberge gucke. Im Sommer ist es nämlich fast bis Mitternacht hell. Tags darauf inhaliere ich auf dem Rest der Bahnstrecke ununterbrochen Fjordlandschaft.
Die ehemalige Hansestadt Bergen ist auf dem Weg, sich als Gourmet-Metropole der Westküste zu etablieren. Die Zeichen stehen gut. Das Restaurant Lysverket konnte in diesem Jahr seinen Stern verteidigen, und das neu eröffnete Fløirestauranten auf dem Berg Fløyen bietet nebst Traumblick jetzt auch Fine-Dining-Küche. Das im Juni eröffnete 5-Sterne-Hotel Skostredet kommt hingegen mit einer bildschönen Omakase-Bar daher.
„Zwischen Oslo und Bergen schlängelt sich eine der reizvollsten Zugstrecken Nordeuropas.“
Fisch frisch auf den Tisch: Rund um Bergens Fischmarkt locken zahlreiche Restaurants mit nordischen Spezialitäten.
„Im zarten Lammfleisch schmecke ich Aromen von Heidekraut und taufrischem Moor.“
Im Hotel Bergen Børs ist die restaurierte Frescohallen ein atemberaubender Hingucker. Ich schnabuliere frisch aus dem Meer heraufgetauchte Jakobsmuscheln und bewundere gleichzeitig die Murals des norwegischen Malers Axel Revold. Sie zeigen großformatig die Reise des Stockfisches aus dem Polarmeer über den Handel in Bergen bis zum Export in alle Welt.
Die größte kulinarische Überraschung erlebe ich nach 50 Minuten Fahrt mit der Fähre. In der Region Austevoll lande ich im malerischen Hafen von Bekkjarvik auf der Insel Selbjørn, wo Leinen- und Reusenfischer ebenso zu Hause sind wie Muscheltaucher und die Familie Johannessen. Einer von ihnen ist Norwegens Starkoch Ørjan, Gewinner des Bocuse d’Or. Seine Arbeitsstätte ist das La Mirabelle im neuen Boutiquehotel Bekkerwyc House. Hier werden einzigartige Kompositionen nach Ocean-to-Table-Manier kreiert. Sprich, Seafood und Fisch täglich direkt vom Kutter, frischer geht es wirklich nicht. Man kann bei Ørjans Kochkursen zudem die Zubereitung von Sushi lernen. Die historische Bekkjarvik Gjestgiveri am Hafen gehört ebenfalls der Familie. Die Geschichte des schmucken Hotels geht aufs 17. Jahrhundert zurück, als König Christian IV. anordnete, für jede halbtägige Reise entlang der Küste ein Gästehaus zu bauen. Im Bekkjarvik Gjestgiveri steht Bruder Arnt am Herd, ebenfalls hoch ausgezeichnet. Sein zeitgemäßes Konzept zitiert kulinarische Traditionen der Region. Abgesehen von lukullischen Schätzen aus dem Meer verarbeitet er auch Zutaten von der Insel. Wie die alte norwegische Schafrasse Villsau. Im zarten Lammfleisch schmecke ich Aromen von Heidekraut und taufrischem Moor. Es dürfte kaum einen vergleichbaren Ort im hohen Norden Europas geben, an dem sich Geschichte, maritime Natur, gastronomische Leidenschaft einer Familie und kulinarische Höhepunkte so genussvoll vereinigen.
„Die größte kulinarische Überraschung erlebe ich nach 50 Minuten Fahrt mit der Fähre.“
Das Hotel Elva in Voss ist der perfekte Standort für Outdoor-Activities.
WOHNEN ■ The Thief Im Tjuvholmen nimmt das Luxus- hotel das Art Concept des Quartiers auf und prunkt mit Werken von Künstlern wie Jeff Koons oder Andy Warhol. www.thethief.com ■ Clarion Hotel® Oslo Das neue Hotel hat Oper und Munch-Museum als Nachbarn. Kunst und Design-Erlebnisse werden hier groß geschrieben. Geräumig die Deluxe-Zimmer mit luxuriös ausgestatten Bädern. www.strawberryhotels.com ■ Att Kvadraturen Das sechsstöckige Haus in quirliger Umgebung ist ein Mix aus Apartment- und Boutiquehotel im nordisch-puristischen Stil. Die Zimmer sind unterschiedlich geschnitten, überwiegend groß und mit Küchenzeile ausgestattet. www.attstays.com
■ Sommerro Der einstige Hauptsitz von Norwegens Elektro-Gesellschaft wurde zu einem luxuriösen Art-Deco-Juwel umgestaltet. Mit bildschönen Public Rooms, Restaurants und Bars ist es ein Treffpunkt der Osloer Gesellschaft. www.strawberryhotels.com ■ Elva Luxuriöse norwegische Cabins, nachhaltig gebaut und designverliebt. Die 12 Zimmer verfügen zum Teil über zwei Stockwerke. Cool die custom-made Ausstattung im Stil der 50er, köstlich die Farm-to-Table-Speisen. www.elva.no
■ Bergen Børs Das ehrwürdige Gemäuer, ein paar Meter vom Hafen entfernt, beherbergte einst die Börse. Deswegen auch die imposante, lichtdurchflutete Fresco-Halle, in der das umfangreiche Frühstück serviert wird. www.debergenske.no ■ Skostredet Das neueröffnete Hotel im sogenannten „Japan-Stil“, entworfen vom schwedischen Architekturbüro Claesson Koivisto Rune, präsentiert sich mit abwechslungsreicher Gastronomie und als Ort nachbarschaftlicher Geselligkeit. www.skostredet.no
■ Bekkerwyc House Das neue Boutiquehotel auf einem Hügel über dem Hafen versteht sich als Hommage an die lokale Community. Das zeigt sich u. a. bei den einheimischen Materialien und der Einbeziehung von Inselprodukten. Im Restaurant „La Mirabelle“ kreiert Starkoch Ørjan Johannesson innovative Gerichte in Ocean-to-Table-Manier. Das charmante Gasthaus Bekkjarvik Gjestgiveri gehört ebenfalls zur Johannesson-Familie. www.beckerwychouse.no ESSEN & AUSGEHEN ■ Holzweiler Norwegische Fashion aus nachhaltiger Produktion und köstliche Speisen verbinden sich aufs Feinste in Snøhetta Interieur Design. www.holzweilerplatz.no ■ Ekeberg Restauranten Mit Traumblick und erstklassigem Meeresgetier präsentiert sich das schicke Lokal im gleichnamigen Park. www.ekeberg restauranten.com ■ Hyde Das Ambiente wie in einer Studentenkneipe, doch aufgrund seines hochkarätigen 5-Gänge-Menüs mit asiatischen Noten hat sich das Restaurant den Michelin-Stern wohlverdient. www.restauranthyde.no ■ Savage Im sterngekrönten Menü von Andrea Selvaggini schmeckt man die Inspirationen, die der italienische Chefkoch auf seinen Reisen sammeln konnte. www.restaurantsavage.no
■ TAK Oslo Japanische Küche mit nordischem Einschlag, aufwendig gestyltes Flair und Blick über Oslo bescheren Gaumen- wie Augenfreude. www.sommerrohouse.com ■ Himkok Die preisgekrönte Bar zeigt sich von außen unauffällig. Das Geschehen im Inneren ist allerdings mehr als spektakulär. Aquavit, Gin und Wodka stammen aus eigener Destillerie. www.himkok.no ■ Lysverket Chefkoch Christian Haartuft kann mit Bio-Gemüse aus eigenem Anbau und Schwerpunkt auf lokaler, nachhaltiger Fischerei seinen Stern bereits seit zehn Jahren verteidigen. www.lysverket.no ■ Fløirestauranten Ob Brasserie-Küche oder Fine-Dining: Executive Chef Bjarte Finne beweist mit seinen Kompositionen bestes Handwerk. www.floirestauranten.no Weitere Infos www.visitoslo.com www.visitbergen.com www.fjordnorway.com