GOOD TO HEAR: Barbara Muckermann

„Das kann nur ein Kempinski sein!“

Der Schlüssel zur Marke Kempinski liegt in ihrem Erbe: Wie Barbara Muckermann, CEO Kempinski Hotels, eine Hotellegende wieder an die Spitze bringen will.

Frau Muckermann, wie definieren Sie Luxus? Luxus ist für mich etwas sehr Persönliches. Gleichzeitig ist es einer der am meisten strapazierten Begriffe unserer Zeit. Umso wichtiger ist es, die Rolle einer Luxusmarke wirklich zu verstehen. Seit Sie CEO der Traditionsmarke Kempinski sind, haben Sie eine Art „Fact Finding Mission“ gestartet. Genau das meinte ich mit der „Rückkehr zu den Wurzeln“: Der Schlüssel zur Marke Kempinski liegt in ihrem Erbe. Ein guter Freund sagte einmal zu mir: „Um eine hundertjährige Luxusmarke zu schaffen, braucht es hundert Jahre.“ Marken sind Persönlichkeiten – wer für nichts steht, ist keine Marke. Kempinski blickt auf eine 150-jährige Geschichte zurück. In dieser langen Historie gab es viele prägende Momente, die uns helfen, eine zeitgemäße Perspektive zu entwickeln. Wir fragen uns daher: Was bedeutet Luxus heute? Und wie bleiben wir auch in den nächsten 50 oder 100 Jahren relevant? Welche Erfahrungen haben Sie bei Ihren Recherchen gemacht? In den vergangenen Monaten war es mir besonders wichtig, tief ins Archiv einzutauchen. Der größte Fehler wäre, etwas zu verändern, das über Jahrzehnte hinweg erfolgreich gewachsen ist. Ich habe zuvor für Marken gearbeitet, die dreißig Jahre Geschichte hatten – oder auch nur fünf. Aber ein Unternehmen mit einem solchen Vermächtnis wie Kempinski ist eine ganz eigene Herausforderung. Es gilt zu verstehen, was die spezifische Kempinski-DNA so besonders macht. Auffällig ist, dass Innovation schon immer ein Teil unseres Selbstverständnisses war. Die zentrale Frage, die wir uns stellen: Was ist heute die Innovation in der Hotellerie? Sie prüfen persönlich, inwieweit jedes Hotel zur Marke passt? Jedes einzelne Haus hat die Marke Kempinski im Laufe der Jahre auf seine Weise geprägt. Wenn wir über eine Repositionierung sprechen, steht für mich an erster Stelle, gemeinsam mit den Eigentümern unserer Häuser zu analysieren: Was macht Kempinski aus? Was macht unsere Häuser unverwechselbar – und welche Ausrichtung ergibt für die nächsten zehn oder 15 Jahre Sinn? Eine echte Markenidentität zeigt sich dann, wenn man einem Eigentümer klar sagen kann: Das kann nur ein Kempinski sein. Natürlich gibt es auch Situationen, in denen Eigentümer sagen: „Das ist nicht unser Weg.“ Mir geht es weniger um Größe oder Quantität als vielmehr um strategischen Fokus. Kempinski ist einer der wichtigsten Akteure im Luxussegment – und das wollen wir bleiben. Wachstum wird dabei weiterhin eine große Rolle spielen.

Prinz Luitpold, CEO Muckermann: Eleganz ohne Kompromisse.

Was sehen Sie als die größte Stärke von Kempinski? Es gibt Unternehmen, die im Vertrieb sicherlich stärker aufgestellt sind als wir – denken Sie an Marriott, eines der größten Vertriebsnetzwerke der Welt. Aber bei einer Marke wie Kempinski geht es darum, jedes Haus als individuelles Produkt zu betrachten: Was ist für dieses Hotel, an diesem Ort, für diese Zielgruppe die ideale Ausprägung? Diese Arbeit leisten wir in enger Verbindung mit den jeweiligen Eigentümern – individuell für jede Destination. Der Unterschied ist: Kempinski stellt sich dieser Aufgabe mit Leidenschaft. Größere Marken können das in dieser Form oft nicht leisten. Wofür steht Kempinski zukünftig in der Luxushotellerie? Wenn wir auf die Geschichte von Kempinski zurückblicken, war es immer Hedonismus im besten Sinne – das Streben, unseren Gästen die schönsten Seiten des Lebens zu eröffnen. Kempinski war beispielsweise das erste Unternehmen, das seinen Hotels Pools hinzufügte. Neben Funktionalität steht bei uns immer das Erlebnis im Mittelpunkt. Das wollen wir auch in Zukunft konsequent weiterführen. Haben Sie dafür ein Beispiel? Zu Beginn meiner Tätigkeit habe ich gezielt nach Deutschland geschaut, dorthin, wo Kempinski seinen Ursprung hat – und damit auch auf die Verbindung zu den königlichen Häusern. Das Hotel Vier Jahreszeiten war über 150 Jahre lang das Hotel des königlichen Hauses von Bayern. Als ich Prinz Luitpold traf und erstmals von Nymphenburg hörte, war ich fasziniert. Der Besuch des Palastes hat mir gezeigt: Nymphenburg steht für einen Neuanfang, es ist ein einzigartiger Ort, die Vision eines Königs. Prinz Luitpold und seine Familie verkörpern eine besondere Schönheit. Für mich ist Nymphenburg ein neuer Meilenstein für Kempinski. Können Ihre Gäste darauf vertrauen, bei Kempinski den höchsten Standard an Gastlichkeit zu erleben? Absolut. Schaut man auf die Bedürfnispyramide, ist Luxus etwas, das man nicht zwingend braucht – und doch ist er unentbehrlich. Luxus definiert sich nicht über Funktionalität, sondern über Schönheit und das Gefühl, sich außergewöhnlich wohlzufühlen. Sie wollen in die USA expandieren und den europäischen Markt weiter ausbauen, gleichzeitig liegt der Fokus auf China. Wie gelingt die Balance zwischen den Kontinenten? Es gibt grundlegende menschliche Wahrheiten, die überall auf der Welt gelten. Die Welt ist differenziert und zugleich erstaunlich ähnlich. Eine echte Luxusmarke muss heute global agieren. Konsum findet inzwischen weltweit statt. Wahre Luxusmarken sind tief in menschlichen Bedürfnissen verwurzelt. Die Botschaft von Kempinski lautet: Wir ermöglichen Ihnen, das Beste aus Ihrem Leben zu machen – ganz gleich, ob Sie aus China oder Deutschland kommen. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede, in der Auslegung ist Kempinski heute aber eine globale Luxusmarke. Wie sehr prägt perfekter Service Ihre Unternehmenskultur? Service ist das Herzstück unserer Kultur. Wir verfügen über eine außergewöhnliche Servicekultur, getragen von einigen der besten General Manager der Welt. Sie geben die Tradition der Gastfreundschaft weiter – sowohl an ihre Teams als auch an die nächste Generation. Was ist Ihr persönliches Ziel? Relevanz. Wir streben nach größtmöglicher Relevanz. Als Führungskraft verstehe ich mich in erster Linie als Hüterin der Unternehmenskultur und der Marke. Meine Rolle sehe ich darin, die Grenzen des Möglichen immer wieder zu erweitern.

Interview: Andreas Dressler